In der Fröbelschule wird die Inklusion täglich gelebt. 18. April 2018

Individuelle Förderung für jedes Kind ist Alltag.

Langenfeld (jste). „Wir unterrichten schon seit den 90er Jahren behinderte Kinder in allen Förderschwerpunkten. Körperbehinderte Kinder, auch Rollstuhlkinder, waren Teil der Schulklassen“, erklärt Rektorin Anke Weber, die seit 1994 an der Friedrich-Fröbel-Grundschule unterrichtet und 2014 die Leitung übernommen hat. „Für die Kinder ist es normal, verschieden zu sein wie „im Land der Buntgemischten“. Mit großem Enthusiasmus singen die 168 Kinder dieser Gemeinschaftsgrundschule am „ganz normalen Tag“ der Weik-Stiftung dieses Lied vom Anderssein, von den Blaukarierten, Rotgefleckten und Grüngestreiften, die längst alle zusammengehören.

„Unser 16 Kräfte umfassendes Kollegium beinhaltet Sonderschullehrer, Integrationshelfer, einen FSJler und eine Sozialpädagogin. Damit können wir den Bedarf von Kindern mit besonderem Förderbedarf stemmen und Kinder präventiv in ihrer Entwicklung fördern“, unterstreicht Weber diese große Aufgabe. Jetzt gebe es gerade im Kollegium einen Generationswechsel. Junge Kolleginnen ergänzen die erfahrenen hinsichtlich der individuellen Förderung mit neuen Ideen, wobei Weber betont, dass alle Lehrkräfte an ihrer Schule sehr engagiert sind und eine ganzheitliche Förderung im Blick haben und praktizieren.

In der Schule werde auch viel gesungen in Verbindung mit viel Bewegung. Die Kinder sind ausgeglichen und es entsteht eine ruhige Lernatmosphäre.

„Körper, Geist und Seele gehören zusammen, über Bewegung können die Kinder gut lernen, die Wahrnehmung als Basis zum Lernen wird angeregt“, erläutert dies Sozialpädagogin Heike Butsch. „Auch Buchstaben und Zahlen können mit allen Sinnen gelernt werden.“

An der Schule sind auch die Flüchtlingskinder integriert. „Sie lernen schnell und mit Freude, sind neugierig und nehmen an allem teil, halten sich an Regeln und werden in offenen Unterrichtsformen nach ihrem individuellen Lerntempo gefördert“, zieht Weber eine positive Bilanz.

Besonders selbständige Schüler arbeiten in einem Selbstlernzentrum zu Sachthemen und können diese anschließend präsentieren. „Die Eltern sehen die Vielfalt der individuellen Förderung und wissen sie zu schätzen“, betont Weber.

Dominik Dörner (19), der im laufenden Schuljahr ein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert, arbeitet vor allem mit zwei einzelnen Kindern. „Das Schuljahr ist leider bald herum, ich habe mich hier super gefühlt, mir gefällt es sehr gut und ich möchte nach dieser Erfahrung einmal selbst Grundschullehrer werden“, fasst er zusammen.

Die Schüler zeigen beim „ganz normalen Tag“ große Begeisterung auf allen Stationen,  

machen überall engagiert mit, ob beim Fahren mit dem Rollstuhl, beim Gehen mit Gehhilfen, beim Klettern der Übergewichtigen, Fahren als „blinder Sozius“ auf dem Tandem oder sich Vortasten mit dem Blindenstock. Susanne Winther und Wolfgang Krafft zeigen den Kindern, wie blinde Menschen im Alltag zurechtkommen, welche Hilfsmittel sie haben.

Dazu erzählt Wolfgang Krafft folgendes Erlebnis: Mich fragte in der Fröbel-Grundschule in Langenfeld ein etwa 8- bis 9-jähriges Grundschulkind: "Wenn wir Sehenden Druck- und Schreibschrift kennen, gibt es so etwas auch in Punktschrift?" Dem Kind, mit seinen Mitschülern, machte ich folgendes klar: „Ob ich mit der Punktschriftmaschine Texte bzw. die Vornamen der Schüler schreibe, oder ich sitze am PC und die Braille-Zeile überträgt mir den Monitor in Blindenschrift, die Buchstaben sehen gleich aus. Die Zahlen aber nicht. Mit den Punktschriftmaschinen schreibe ich 6-Punkt-Braille, in Büchern lese ich 6-Punkt-Braille und am PC mit Braille-Zeile ist ein 8-Punkt-Braille nötig, um noch mehr Sonderzeichen darzustellen, weil eine 1:1-Übersetzung stattfindet.“

„Ich war von der Frage nicht nur sehr überrascht worden, sondern diese Frage hat mich zum Nachdenken angeregt. Meinen Eltern erzählte ich wirklich begeistert von diesem Kind und seiner Frage, so dass ich überlege, meinen PC nebst Braille-Zeile fotografieren zu lassen. Anhand der mitzunehmenden Fotos kann ich dann den Kindern besser erklären, wie so ein Teil aussieht.“

Gehörlosenpfarrer Josef Groß erklärt, wie sich Gehörlose durch „Gebärden“ verständigen können. Als Beispiel fragt er: „Wie gebärdet man das Wort Auto“ und zeigt dann, wie mit den Händen das Lenkrad bewegt wird. Tugba Filiz unterstützt ihn dabei.

Wie seit Jahren hat Siegfried Schultk auch diesmal Obst und Gemüse als gesunde Zwischenmahlzeit gespendet. Alles wurde am ganz normalen Tag vollständig verspeist.

Ein ganz normaler Tag 2014: 100 km auf den Tandems

Die Friedrich-Fröbel-Grundschule hat viel zu bieten

Singen können die rund 170 Kinder der Friedrich-Fröbel-Grundschule in Langenfeld. Sie stimmen zum „ganz normalen Tag“ das Lied „Im Land der Blaukarierten“ mit vollen Stimmen und großer Begeisterung an – ein Aufruf zu Toleranz. Das ist ja auch das Thema des Projekttages, das die Elisabeth & Bernhard Weik-Stiftung in allen Langenfelder Grundschulen praktiziert: Sensibilisierung für Menschen mit Handicap. „Integrativer Unterricht ist bei uns schon längst Alltag gewesen, die Schüler können mit dem Anderssein gut umgehen, sie haben dabei soziale Kompetenz erworben“, bestätigt Rektor Norbert Wellmann. Jetzt gebe es den neuen Begriff „Inklusion“.

Die Schüler mussten viele Stationen durchlaufen. Ob mit Gehhilfen Stufen überwinden, mit dem Blindenstock auf Bänken laufen, mit beschwerten Westen und Manschetten als „Übergewichtige“ laufen und klettern, als „Armamputierte“ mit den Füßen schreiben oder einen Knoten binden – die Kinder sind mit großem Eifer dabei. Besonders angetan haben es ihnen die Rollstühle, deren Handhabung Annette Bachmann erklärt. „Ich habe den schönsten Rollstuhl“, sagt Jamie von der 1a. Begeistert sind die meisten auch vom Mitfahren auf dem Tandem als „blinder Sozius“. Die ADFC-Piloten Karl Markofsky, Christian Doll, Jo Ruppel und Günther Kraus legen jeder rund 25 km zurück – das sind 100 km Tandem fahren.

Zwischendurch stärken sich die Kinder an Orangen, Möhren, Kohlrabi, Äpfel, Gurken und Bananen, in mundgerechte „Vitamine“ zerteilt, alles gestiftet von Siegfried Schultk. Und die Stadtwerke installierten einen Frischwasserspender als Durstlöscher.

Wie kommen blinde Menschen im Alltag zurecht? Manfred Glasmacher und Susanne Winther hatten viele Gegenstände mitgebracht, um dies zu demonstrieren. „Ich arbeite im Rathaus in der Telefonzentrale“, berichtete Winther und las auch gleich einen Aufsatz in Brailleschrift (Blindenschrift) vor. Danach sagte eine Schülerin zu ihr: "Du bist für mich ganz normal. Du machst alles wie wir. Du kannst nur nicht sehen." Sie bedankte sich bei dem Kind und antwortete: „Das hast Du aber schön gesagt und genau richtig erkannt.“ „31 Eltern sind heute als Helfer gekommen“, freute sich der Rektor. Bernhard Weik hatte für alle die T-Shirts gespendet und einen Scheck für den Förderverein mitgebracht: pro Schüler 5 €.

„Bei uns wird viel gesungen“, betont Wellmann, aber das sei nicht alles. In Zusammenarbeit mit der Musikschule könne sich jedes Kind im 1. Schuljahr ein Streichinstrument aussuchen und dieses bis zur Mitte des 2. Schuljahres kostenlos ausprobieren. „Danach läuft der Unterricht ausschließlich über die Musikschule.“ Eine Bewegungswerkstatt, geleitet von einer Dipl.-Sportlehrerin, bietet Psychomotorik in Kleinstgruppen. „In der 3. Klasse wird der Ernährungsführerschein erworben, wir sprechen über gesunde Lebensmittel, kaufen gemeinsam mit den Schülern auf dem Markt ein, und danach wird eine gemeinsame Mahlzeit zubereitet und verzehrt“, berichtet Lehrerin Beate Ziegenhagen. Damit werde ein Bewusstsein für gesunde Ernährung geschaffen. Neu sei ein weiteres Projekt der Klasse 4b, die aus alten Schuhen künstlerische Objekte herstelle, die dann in der Stadtbibliothek ausgestellt würden.

GGS Fröbelschule Langenfeld

Ein ganz normaler Tag am 6. Juli 2010

Text von Jürgen Steinbrücker

Beim „ganz normalen Tag“ der Elisabeth & Bernhard Weik-Stiftung sangen die über 200 Kinder mit großer Freude das „Lied vom Anderssein“ und zwar alle Strophen, ob von den Blaukarierten, den Rot-, Grün- oder Buntkarierten und begleitet von Konrektorin Anke Weber auf der Gitarre. Norbert Wellmann dankte den vielen Eltern, den Kolleginnen und dem cSc-Team, die Stunden über Stunden zusammen gesessen hätten, um das alles hinzubekommen.
Dann bildeten die Schüler eine Menschenkette auf dem Schulhof, eine Probe für die cSc-Menschenkette am 5. September rund um den Freizeitpark, bei der möglichst 2.500 Personen den Sportlerinnen und Sportlern ihre „ihre Verbundenheit und Wertschätzung zeigen sollen“.
Die Blinden Manfred Glasmacher und Susi Winther hatten am laufenden Band zu tun, um den Kindern die Hilfsmittel für Blinde und die Blindenschrift zu erklären. Mit Christian Döll, Herbert Jakubiak, Horst Seidenstecker und Karl Markofsky waren gleich vier Piloten mit Tandems unterwegs, um die Kinder mit Augenklappe die ca. 600 m lange Strecke zu fahren. Annalena (10): „Man hat nichts gesehen, es hat sich lustig angefühlt.“ Laura und Isabella meinten: „Am Anfang habe ich ein bisschen Angst gehabt, aber dann war es schön.“ Engagiert waren die Kinder auch an den vielen anderen Stationen, um selbst zu erleben, wie es sein könnte, mit einem Handicap zu leben: gehbehindert, blind, hörbehindert, als Rollstuhlfahrer oder am Arm verletzt.

Fröbelschule mit integrativen Klassen

Text: Jürgen Steinbrücker

Die psychomotorische Bewegungswerkstatt gleicht Entwicklungsdefizite aus.
Die 217 Schülerinnen und Schüler in den neun Klassen der Friedrich-Fröbel-Gemeinschaftsgrundschule kennen sich in einem Punkt schon gut aus. Kinder mit Handicap werden in sechs der neun Klassen mit den anderen Kindern zusammen unterrichtet. Insgesamt unterrichten dort 14 Lehrer, davon drei Sonderschullehrer und eine Lehramtsanwärterin. „Wir haben die Bewegung in den Mittelpunkt unserer Schule gestellt und eine psychomotorische Bewegungswerkstatt aufgebaut“, berichtet Silke Gerlach vom Lehrerkollegium. Kinder mit Defiziten in den Bewegungsabläufen und der Koordination, die sich nicht altersgemäß entwickelt haben, können diese Defizite in der Bewegungswerkstatt teilweise ausgleichen. „Heutzutage sammeln viele Kinder immer weniger Bewegungserfahrung“, wissen die Lehrkräfte. Weil die Kinder von Anfang an Kontakt mit behinderten Kindern haben, wird dieses zusammen leben und zusammen lernen im Schulalltag zur Selbstverständlichkeit. „Bei uns darf jedes Kind so sein, wie es ist“, betont Silke Gerlach.Schulrektor Norbert Wellmann, seit 2002 Rektor der Friedrich-Fröbel-Schule, konnte bereits in seiner Zeit als Konrektor in der Grundschule am Götscher Weg Erfahrung mit integrativen Klassen sammeln. „Grundschullehrer ist ein wunderschöner Beruf“, erklärt Wellmann. Die mehr als 20 gehandicapten Schüler (körper-, seh-, hör- und geistig behindert) sind Teil der Regelklassen und bekommen gemäß ihrer Handicaps die (zusätzliche) Förderung, die sie brauchen, wie z.B. Sichtgeräte für sehbehinderte Kinder oder Mikrofonanlagen für hörbehinderte Schüler.