Lottenschule Monheim

Das Team der Weik-Stiftung brachte Bewegung in die Lottenschule, 06. April 2017

Der „ganz normale Tag“ war gar nicht so normal.

Monheim/Langenfeld (jste). „Tack – tack – tack….“ Der Blindenstock schlägt an die Begrenzungen in einer Klasse der Monheimer Lottenschule, einer kath. Grundschule. Die Kinder lernen mit verbundenen Augen, ihren Weg zu finden. „Mit beiden Händen anfassen und dann am Boden hin- und herschwingen“, gibt Klaus Bembennek vor. Er gehört zum Team für den „ganz normalen Tag“ der Weik-Stiftung. 228 Kinder, das Lehrerkollegium und viele Helfer aus dem Elternkreis werden erst von Schulleiterin Elisabeth Nolting und danach vom Verantwortlichen der Weik-Stiftung für dieses Projekt, Peter Mecklenbeck, begrüßt. „Dieser ganz normale Tag ist gar nicht normal, das seht ihr ja schon an den gleichen T-Shirts, die ihr heute anhabt“, erklärt Nolting. Trotz kleiner Startschwierigkeiten werde es aber ein schöner Tag. Auf dem Schulhof, in zwei Turnhallen und in diversen Klassen sind die Stationen aufgebaut, die alle Schüler durchlaufen. Zum Beispiel das Tandem-fahren als Sozius (Helm ist Pflicht!) eine Runde über den großen Schulhof. „Ein bisschen komisch war mir schon, als wir ganz langsam fuhren, da dachte ich, wir kippen um“, sagte Pia nach ihrer Runde. Ein Kind hatte das Gefühl, „wir fahren rückwärts“. Das Tandem-fahren gehört zu den beliebtesten Stationen. „Man merkt schon beim Aufsteigen, wer Fahrrad fährt“, sagen einhellig die vier Tandem-Piloten.

Wie fühlt man sich als Gehbehinderter? Horst Möhring zeigt den Umgang mit Gehilfen, meist auch Krücken genannt. Und Aggi Wiggers erklärt das Fahren im Rollstuhl. „Guten Morgen, ich kann nichts sehen und zeige euch, was ich machen kann“, begrüßt Manfred Glasmacher eine halbe Klasse. Er schreibt für jedes Kind den Namen in Blinden-/Braille-Schrift, liest aus einem Buch und erklärt viele Hilfsmittel, die den Alltag blinder Menschen unterstützen, wie eine sprechende Uhr, ein Farberkennungsgerät und diverse Spiele mit besonderen Figuren.

„Wir haben ein katholisches Profil , das im christlichen Bekenntnis den Alltag durchdringt“, berichtet Nolting. 60-75% der Kinder einer Klasse seien katholisch, andere evangelisch, aber es gebe auch Kinder muslimischen Glaubens. Viele Feste orientierten sich am kirchlichen Jahreskalender, so wie St. Martin, eine besondere Weihnachtsfeier. Die Beliebtheit der Schule zeige sich in hohen Anmeldezahlen, zuletzt hätten die Kinder von 12 Familien abgelehnt werden müssen.

„Wir sind ein junges Kollegium, unsere Kinder singen gern“, sagt Nolting. Das Lied zu Beginn des „ganz normalen Tages“ heißt „Vergiss es nie, dass du lebst, war keine eigene Idee…du bist ein genialer Gedanke Gottes… und zum Abschluss singen alle kräftig das Lottenschul-Lied „Singt alle laut: Schaut alle her!....“

Wie sehr sich die Eltern einbringen, sieht man an der großen Zahl der Helfer, es sind fast mehr, als man benötigt. „Das Schulobst und Gemüse bereiten die Eltern vor, sie managen die Bücherei und gestalten überwiegend das Schulfest, unterstützen im Unterricht beim Basteln“, zählt die Schulleiterin auf. Die Lottenschule beteiligt sich mit Unterstützung des Monheimer Lions Club an dem Projekt „Gesundheitsförderung und Prävention mit Klasse 2000 – gesund essen und trinken, Bewegung und entspannen, sich selbst mögen und Freunde haben, Probleme und Konflikte lösen, kritisch denken und NEIN sagen.

Ein ganz normaler Tag am 29. April 2009

230 Kinder der Lottenschule sangen zum Auftakt mit Inbrunst das „Lied der Blaukarierten“. Und die Klasse 4a zeigte in Kostümen und mit Bewegungen, dass es im Land der Buntgemischten neben den Blaukarierten auch Rotgefleckte, Grüngestreifte und Gelbgetupfte gibt. „Der ganz normale Tag“ sollte auch diese Schüler/innen dafür sensibilisieren, wie Menschen mit einem Handicap ihren Lebens-Alltag bewältigen können.
Spannend war für die Kinder das Mitfahren mit verbundenen Augen als Sozius auf den beiden Tandems, dessen Piloten Herbert Jakubiak und Christian Doll für jedes Kind eine Runde auf dem Schulhof drehten. „Cool ist das“, meinte Delia, und Nick sagte: „Man denkt, man fährt im Kreis, und dann ist es gar nicht so.“ Lehrerin Ulla Hochkappe probierte es ebenfalls aus. „Ich hatte Vertrauen zum Piloten, war aber doch froh, als es wieder hell wurde.“

Mit einer Stunde Verspätung kamen auch 17 Grundschüler der englischen Andrew-Humphrey-Schule aus Wegberg dazu, mit der durch Vermittlung von Britta Timmers-Knight eine Partnerschaft begründet wurde. Während Susanne Winther den englischen Kindern die Blindenschrift erklärte und jeden Namen ausdruckte, zeigte nebenan Manfred Glasmacher, wie blinde Menschen Farben erkennen, mit einem sprechenden Taschenrechner umgehen, Schach, Skat oder Mühle spielen und mit einer speziellen Nähnadel einen Faden einziehen.

„Stellt Euch vor, ihr habt nur ein Bein, oder ein Fuß ist verletzt. Dann machen wir einen Dreibein-Gang“, erklärte Elmar Widera vom cSc-Team den Kindern. Wie man sicher an Krücken laufen und Hindernisse überwinden kann, konnten die Schüler unter seiner Anleitung ausprobieren.„Rollstuhlfahrer können viel, und sie möchten es allein tun, auch wenn es Mühe macht“, sagte Karin Wolters, selbst Rollstuhlfahrerin, den Kindern. Wenn man einen Rollstuhl anfasse, sei das so wie die darin sitzende Person anzufassen. Unerbetene Hilfe solle man auf jeden Fall unterlassen. „Wenn Rollstuhlfahrer Hilfe benötigen, fragen sie danach“, sagte Wolters. Beim Ausprobieren durfte sich ein Kind in den Rollstuhl setzen und ein anderes fing ungefragt an, zu schieben. „Das fand ich nicht gut, ich wollte alleine fahren“, meinte Nick dazu.

Das Leben der anderen verstehen

Bericht von Frau Wdai:
Es ist ein ganz normaler Tag. Die Sonne scheint. Der Wind weht. Die Vögel singen. Im Schulhof der Lottenschule toben die fröhlichen Kinder. Sie haben anscheinend Sportunterricht. Nur die einheitlichen bunten T-Shirts vom cSc und die Sportarten deuten auf einen Sonderprojekt-Tag hin.

Im Schulhof findet nämlich gerade das „Tandemfahren der Blinden“ statt. Mit verbundenen Augen darf jedes Kind als Sozius auf dem Tandem von einem Piloten einige Runde gefahren werden. Es macht ihnen sichtlich Spaß. Als ich einige von ihnen nach ihrem Gefühl fragte, antwortete ein Mädchen: „Ich bin ein wenig schwindlig geworden.“ Und ein Junge: „Ich bin fast runter gefallen.“ Also es ist doch anders als nur Spaß.

In dem großen Saal eines Gebäudes ist es dann das „Rollstuhlspiel“. Nach einer ausführlichen Demonstration, wie ein Rollstuhl gesteuert wird, haben die Kinder angefangen, selbst zu experimentieren. Zuerst geradeaus fahren, eine winzige Höhe zu überwinden, einen Basketball in den Korb werfen, dann auf einer Z-Linie zurückfahren. Die scheinbar einfachen Aufgaben sind jedoch große Herausforderungen, die oft erst nach vielen Wiederholungen gelingen.

Auch die „Übung für Armverletzte“ hat am Anfang die Hilflosigkeit der Kinder hervorgerufen. „Puh, wie soll ich mit den beiden Füßen ein Seil verknoten?“ Mit dem Fuß zu schreiben und die kleinen Gegenstände von A nach B zu stellen, ist auch nicht viel einfacher. Aber nach einer Weile Übung haben sie es immerhin geschafft! Die Mädchen sind generell besser als die Jungen. Eine Angelegenheit für Feinmotorik und Geduld!

In dem Treppenhaus eines anderen Gebäudes erlebe ich dann den „Schwergewichtswettlauf“. Mit einer Bleiweste am Körper und zwei Bleibändern an den Füßen sollen die Kinder von einem Kreis zu einem anderen Kreis auf dem Flur springen und Treppen steigen. Schön und lustig, das mal auszuprobieren! Mit Kurzatmigkeit und Schweiß freuen sich die Kinder danach doch sichtlich über ihre „Erleichterung“.

Ganz oben in einem Raum geht es dann weiter mit dem „Vertrauensparcours“ zwischen Blinden und Blindenführern. Mit verbundenen Augen wird ein Kind von einem anderen geführt, um die unterschiedlich platzierten Hindernisse zu überwinden, wie z.B. unten durch einen Tisch und über eine lange Bank zu gehen. Wer sicher ans Ziel kommen will, muss seinem Partner vertrauen.

Fazit: Das Gefühl eines ganz normalen Tages erwirbt man sich nur durch einen ganz unnormalen Tag. Die experimentellen physischen Wahrnehmungen der Kinder an diesem Tag sind sicherlich eine wertvolle Erfahrung, um die Fremdheit der Andersartigkeit zu beseitigen sowie Verständnis, Toleranz und Akzeptanz für die anderen aufzubauen. Das Leben hat schließlich immer zwei Seiten, das Ying und das Yang, die Helligkeit und die Dunkelheit, die Bewegung und den Stillstand, die Gesundheit und die Krankheit… Gemeinsam stellen sie erst eine ganz normale Welt dar. "Gemeinsam rollt’s!" So ist auch die eigentliche Kernidee der Gründer der Elisabeth & Bernhard Weik-Stiftung „cSc“ in Langenfeld zu verstehen.

Soziales Lernen

Bericht von Jürgen Steinbrücker
Soziales Lernen war der Schwerpunkt in der Lottenschule im Jahr 2009.
Die Lottenschule, eine katholische Grundschule in Monheim, teilt sich den Schulhof mit dem großen Klettergerüst mit der Astrid-Lindgren-Gemeinschaftsgrundschule und der Comenius-Schule für lernbehinderte Kinder. Auch die neue Mensa wird gemeinsam genutzt. „Soziales Lernen gehört bei uns zum Schulalltag. Der gezielte Einsatz von entsprechenden Unterrichtsformen wie Gruppenarbeit sowie Gespräche zur Konfliktlösung, die nach bestimmten Regeln ablaufen, sollen die Kinder in ihrer sozialen Kompetenz stärken. Das gleiche Ziel hat die Einführung eines Klassenrats. Dabei werden Belange der jeweiligen Klasse von den Schülerinnen und Schülern eigenständig geklärt und geregelt. Aber auch Lieder und Spiele tragen zu sozialem Verhalten bei. Die Kinder lernen, sich gegenseitig zu akzeptieren und auch bei Kritik respektvoll miteinander umzugehen“, erläuterte die kommissarische Schulleiterin Elisabeth Nolting diesen Begriff. Für eine katholische Bekenntnisschule sei Nächstenliebe ein ständiges Thema, das vor allem im Religionsunterricht behandelt wird. Auch bestimmte Texte des Deutschunterrichts wiesen in diese Richtung. Ist beim Sport Fairplay oberstes Gebot, komme es bei der Kunst auf gemeinsames Arbeiten an.


In die Schiene des sozialen Lernens passte auch „Der ganz normale Tag“ der Elisabeth & Bernhard Weik-Stiftung in Langenfeld, der am Mittwoch, dem 29. April 2009 in der Lottenschule veranstaltet wurde. Dabei machten auch ca. 20 Schüler einer britischen Partnerschule mit.


"Wir freuen uns, dass wir solch einen spannenden Tag erleben dürfen", sagte Frau Nolting zur Begrüßung. Sie dankte für die cSc-T-Shirts, die alle Kinder und Lehrer sowie Helfer von der Weik-Stiftung bekommen hatten und die finanzielle Unterstützung des Schulvereins in Höhe von 1.150 €. Zwischen 50 und 60 Helfer aus dem Lehrerkollegium, vom cSc-Team und aus dem Kreis der Eltern halfen bei den vielen Stationen sowie beim "Schnippeln" von Obst und Gemüse, das von den Eltern gespendet und in Windeseile von den Kindern verzehrt wurde.